Rathaus Key Visual 1, © Tourist Information Kochel a. See, Fotograf: D. Weickel

Auszug - ehem. Verstärkeramt; Planungen Nachnutzung, aktueller Sachstand  

8. Sitzung des Gemeinderates Kochel a. See
TOP: Ö 4.1
Gremium: Gemeinderat Kochel a. See Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Di, 17.11.2020 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 19:00 - 20:40 Anlass: Sitzung
Raum: "Heimatbühne", Saal, Mittenwalder Straße 14
Ort: Haus des Gastes
K-0156/2016-21 ehem. Verstärkeramt; Planungen Nachnutzung, aktueller Sachstand
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage GRK
Federführend:Hauptverwaltung Bearbeiter/-in: Holz, Thomas W.
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Über den  Sachstand berichtet der Vorsitzende wie folgt: Da in den vergangenen Tagen in manchen Medien im Zusammenhang mit dem ehemaligen Verstärkeramt vieles zu lesen war, ist es nach Ansicht des Vorsitzenden ebenso zwingend und wie auch dringend notwendig, dieses positive Projekt für unsere Gemeinde wieder in das richtige Licht zu rücken. Aus diesem Grund erstattet er dem Gremium einen ausführlichen Sachstandsbericht:

 

Die Gemeinde Kochel a. See war seit 2005 und wahrscheinlich auch schon vorher auf der Suche nach einem geeigneten Standort für den gemeindlichen Bauhof. Viele potentielle Flächen wurden von den Eigentümern nicht an die Kommune veräußert und der aktuelle Standort stellte sich nach aufwendigen Untersuchungen des Untergrunds als ungeeignet dar. Deshalb war es ein glücklicher Umstand, dass die Gemeinde von der Telekom das Gebäude "Bahnhofstraße 34" erwerben konnten, da dieses im Hauptort Kochel a. See gelegen war und aufgrund der Ortsrandlage kein Wohngebiet gestört wird. Von einem Denkmalschutz war weder beim Kauf etwas erkennbar, noch beim im Jahr 2015 vom Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen genehmigten Vorbescheidsantrag zum Teilabriss des ehemaligen Verstärkeramtes die Rede. Aufgrund von Verhandlungen mit dem Immobilienunternehmen der Deutschen Telekom war schon 2016 zu vermuten, dass auch das Gebäude "Bahnhofstraße 34a" veräußert werden soll. Vor diesem Hintergrund wurden zusammen mit einem Architkturbüro aus Murnau Überlegungen zur Nutzung des gesamten Areals angestrengt, die in einer Grundkonzeption mündeten, welche der Gemeinderat in der Sitzung am 24.01.2017 einstimmig befürwortet hat. Diese Planungen sahen - in Erweiterung zu der Idee aus dem Jahr 2015 vor - vor, zusätzlich unter anderem insgesamt 21 Wohnungen im kommunalen Wohnungsbau auf diesem Areal unterzubringen.  In diesem Zusammenhang haben wir auch bereits eine Förderung über das "Kommunale Wohnbauförderprogramm" (KommWFP) beantragt und diesbezüglich bereits die Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn erhalten. Vor diesem Hintergrund hat die Gemeinde dann auch die restlichen 2.632 Quadratmeter des gesamten Verstärkeramt-Areals erworben. Das Konzept wurde nach dem Kauf noch mehrmals verfeinert und immer, wie beispielsweise in der Gemeinderatssitzung am 26.06.2018, vom Gemeinderat einstimmig befürwortet.

 

Um Baurecht für das neue Gebäude zu erhalten, wären grundsätzlich zwei Varianten denkbar gewesen: Entweder ein einfacher Bauantrag nach § 34 BauGB oder die Aufstellung eines Bebauungsplans. Wie der Vorsitzende berichtet, habe man sich ganz bewusst für die Aufstellung eines Bebauungsplans entschieden, weil die Verwaltung der Auffassung war, dass dies ein sehr großes Projekt ist und deswegen die Öffentlichkeit informiert werden sollte. Das geht in baurechtlichen Belangen am besten über eine Beteiligung beim Bauleitverfahren. Im Aufstellungsverfahren für den Bebauungsplan Nr. 34 - ehem. Verstärkeramt wurde selbstverständlich das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (LfD) beteiligt. Aufgrund der fehlenden Rückmeldung des LfD musste und durfte und durfte die Gemeinde davon ausgehen, dass keine Denkmaleigenschaft vorliegt. Aufgrund dieser Einschätzung der Fachbehörde hat man damals der ersten Petition an den Bayerischen Landtag der Projektgegnger keine allzu große Bedeutung beigemessen und war daher schon überrascht, dass Fachleute des LfD zu einem Ortstermin nach Kochel a. See kamen. Da sich das LfD aber auch danach nicht aktiv in das ihm bekannte Verfahren für den Bebauungsplan einbrachte, war für die Gemeinde klar, dass keine Denkmal-Eigenschaft vorliegt.

 

Deswegen hat der Gemeinderat am 24.07.2018 einstimmig den Bebauungsplan Nr. 34 - ehem. Verstärkeramt beschlossen. Ganze sechs Wochen später am 30.08.2018 hat das LfD überraschend mitgeteilt, dass es sich bei dem Gebäude "Bahnhofsstraße 34" und der Garagenanlage um ein Baudenkmal handelt. Diese Feststellung hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am 18.09.2018 intensiv diskutiert und beschlossen, an dem ursprünglichen Projekt trotzdem konsequent weiterzuarbeiten. Dieser Beschluss, der wie übrigens alle vorhergehenden zum Verstärkeramt auch einstimmig gefasst wurde, lautete wörtlich: Die Verwaltung wird beauftragt, das mit dem Bebauungsplan Nr. 34 - ehem. Verstärkeramt verfolgte Planungskonzept für das Areal "ehem. Verstärkeramt" konsequent weiter zu verfolgen. Die darin enthaltenen Aspekte des Wohls der Allgemeinheit und der vom Landesamt für Denkmalpflege erkannte Vertrauensschutz der Gemeinde überwiegen das Erhaltungsinteresse eines nicht mehr vollständig vorhandenen Baudenkmals bei weitem. Die Genehmigung für eine etwaig notwendige Antragsstellungen wird hiermit bereits erteilt.

Anders als das die Projektgegner gerne fälschlicherweise behaupten, haben sich Verwaltung wie auch das Ratsgremium dennoch weiterhin intensiv mit der Thematik "Denkmalschutz" auseinandergesetzt. Deswegen wurde beispielsweise das Schreiben des LfD v. 30.08.2018 am 16.10.2018 öffentlich bekanntgemacht und die Öffentlichkeit um Stellungnahmen hierzu sowie zu den Plänen der Gemeinde gebeten. Auch hierauf haben sich die Projektgegner nicht gemeldet. Das Ergebnis dieser öffentlichen Bekanntmachung sowie die Prüfungen der Verwaltung wurden in der Gemeinderatssitzung am 15.01.2019 noch einmal intensiv öffentlich erörtert. Das Ergebnis war eindeutig, denn mit nur einer Gegenstimme hat das Gremium entschieden, keine Änderung des Bebauungsplans wegen der Denkmaleigenschaft vorzunehmen. Ausdrücklich wurde dies im Beschluss festgehalten: Die Ausführungen der Verwaltung zur zwischenzeitlich mit Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 30.08.2018 festgestellten Denkmaleigenschaft werden zur Kenntnis genommen. Ein Änderungsbedarf nach § 1 Abs. 3 BauGB besteht nicht. In ein Änderungsverfahren für den Bebauungsplan Nr. 34 - ehemaliges Verstärkeramt wird nicht eingestiegen.

 

Auch in der Folgezeit fanden noch zahlreiche Gespräche unter anderem mit der Unteren Denkmalschutzbehörde, mit der Regierung von Oberbayern und mit dem LfD statt - stets mit dem Ziel, doch noch eine Lösung für den Denkmalschutz zu finden. Das Ergebnis war allerdings auch hier sehr deutlich: Die gemeindlichen Planungen sind nicht mit dem Denkmalschutz und damit dem Erhalt des Gebäudes in Einklang zu bringen, lautete die eindeutige Aussage des LfD. Auch deswegen wurde die Erlaubnis nach Denkmalschutzrecht zum Abriss der Gebäude mit Bescheid vom 01.10.2019 durch die Untere Denkmalschutzbehörde erteilt. Selbst danach hat die Gemeinde nicht umgehend den Abbruch in Angriff genommen, sondern auch weiterhin Gespräche geführt, um doch noch eine Lösung für den Denkmalschutz zu finden. Das war leider nicht möglich. Insbesondere sind von Seiten der Projektgegner leider keinerlei umsetzbare und konstruktive Vorschläge gekommen. Vielmehr wurde von dieser Seite am 09.03.2020 eine zweite Petition beim Bayerischen Landtag eingereicht. Da diese aber keine Aussicht auf Erfolg hatte, wurde sie recht bald und noch vor der entscheidenden Behandlung im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst wieder zurückgezogen. Wie vom Gemeinderat am 18.09.2018 beauftragt, hat die Verwaltung die Vorbereitungen für dieses Projekt weiter fortgeführt. So wurde am 08.04.2020 beschlossen, ein Ingenieurbüro mit den Abrissplanungen und Vorbereitung der entsprechenden Ausschreibung zu beauftragen.

 

Als weiterer trauriger Höhepunkt der Maßnahmen der Projektgegner wurde am 08.06.2020 eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan Nr. 34 - ehem. Verstärkeramt eingereicht. Diese Klage hat das Ziel, die Verfassungswidrigkeit dieses Bebauungsplans feststellen zu lassen. Der Verfassungsgerichtshof hat im August 2020 bereits mitgeteilt, dass diese wohl ins Leere laufen wird. Unabhängig davon ist es aber ganz wichtig, folgendes festzustellen - gerade weil es gerne immer wieder bewusst falsch behauptet wird: Diese Klage hat nichts mit der Abrisserlaubnis zu tun und ist völlig unabhängig zu sehen. Diese ist von der Unteren Naturschutzbehörde erteilt worden, regelt ausschließlich den Abbruch des Gebäudes und ist bestandskräftig. Der Bebauungsplan dagegen ist eine kommunale Satzung, die die Gemeinde erlassen hat und mit der ausschließlich geregelt wird, wie die entsprechende Fläche bebaut werden darf. Selbst wenn der Bayerische Verfassungsgerichtshof also feststellen sollte, dass der Bebauungsplan der Gemeinde fehlerhaft sei - wovon nach den ersten Rückmeldungen des Gerichts nicht auszugehen ist -, bleibt die Abrisserlaubnis bestehen.

 

In Umsetzung der Gemeinderatsbeschlüsse v. 18.09.2018 und 08.04.2020 wurde am 11.09.2020 die nationale Ausschreibung für die Abbrucharbeiten auf den Weg gebracht. Dies hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am 15.09.2020 nicht nur genehmigt, sondern den Ersten Bürgermeister darüber hinaus ausdrücklich beauftragt, den Auftrag zum Abriss nach erfolgter Ausschreibung zu erteilen. In dieser Sitzung wurde im Übrigen auch den Zeitplan für die Abbrucharbeiten bekanntgegeben und "Ende November 2020" als Start und "März 2021" als Ende genannt. Die entsprechende Auftragsvergabe erfolgte am 30.10.2020. Das somit beauftragte Unternehmen hat seinen Sitz in Ergoldsbach in Niederbayern und ist derzeit bei einem großen Auftrag in Seefeld/Tirol tätig. Kochel a. See liegt quasi direkt auf dem Weg. Deswegen hat es sich beispielsweise aus logistischen Gründen ergeben, dass am Samstag, 07.11.2020, mit den Arbeiten begonnen wurde, da an diesem Tag ein Bagger von Tirol nach Niederbayern versetzt wurde und sich die Möglichkeit für einen mehrstündigen Einsatz am Verstärkeramt ergeben hat. Das Unternehmen ist gerade dabei, das Gebäude zu entkernen und die Arbeiten laufen planmäßig.

 

Darüber hinaus hat die Gemeinde auf Hinweis der Unteren Naturschutzbehörde in der vergangenen Woche eine Fachberaterin für Fledermäuse den Speicher des abzureißenden Gebäudes begutachten lassen, ob dort ggf. Fledermäuse vorhanden sind. Es wurden keine vorgefunden, da diese schon in ihrem Winterquartier sind. Welche Rückschlüsse seitens der Fachfrau nun auf die Untersuchungsergebnisse zu schließen sind, kann nicht gesagt werden: Das schriftliche Gutachten liegt mit Stand heute 18.30 Uhr noch nicht vor.

 

Der Vorsitzende legt abschließend großen Wert auf die Feststellung , dass bis zum 01.05.2020 - mit einer Ausnahme - stets einstimmige Beschlüsse zum Verstärkeramt gefasst wurden. Dieses Gremium stand daher felsenfest mit nahezu 100 Prozent hinter diesem Projekt. Aus diesem Grund appellierte er auch an die Gegner im Gremium und deren Demokratieverständnis, die vor dem 01.05.2020 gefassten Beschlüsse zu respektieren.

Zudem verdeutlicht er, dass nicht nur die bestandskräftige Erlaubnis zum Abriss vorliegt, sondern der Gemeinderat der Verwaltung und dem Ersten Bürgermeister ausdrücklich den Auftrag erteilt haben, die Abrissarbeiten zu beauftragen. Er äußerte daher sein Unverständnis, dass in voller Kenntnis dieser Zusammenhänge nicht nur unqualifizierte Anschuldigungen in den sozialen Medien verbreitet und darüber hinaus noch eine Strafanzeige beklatscht wird - alles gegen den Leiter der Verwaltung und deren Mitarbeiter/innen, die nichts anderes tut, als demokratisch gefasste Gemeinderatsbeschlüsse zu vollziehen.

 

Aus Reihen des Gemeinderates wird festgestellt, dass die Gemeinde mit dem Bauvorhaben eine Chance ergriffen hat, den Ort weiterzuentwickeln. Darauf erwidert ein Gemeinderatsmitglied, dass die Angelegenheit Verstärkeramt zwar unglücklich abgelaufen ist, man aber nach der Feststellung der Denkmaleigenschaft hätte umdenken und auch an die Finanzlage der Gemeinde hätte denken müssen. Ein weiteres Gemeinderatsmitglied stellt fest, dass eine Minderheit im Gemeinderat versucht, Gemeinderatsbeschlüsse zu boykottieren und viele Kochler Bürger auf die Beseitigung des Schandflecks am Ortseingang warten. Ein anderes Gemeinderatsmitglied beanstandet, dass das Thema Verstärkeramt als politische Bühne missbraucht und dem Ort damit geschadet wird. Ein weiteres GRM bittet darum, keine falschen Behauptungen über die Finanzlage der Gemeinde aufzustellen und sich vorab beim Kämmerer zu erkundigen.

 


Beschluss:

 

Der Sachstand zu den Planungen für die Nachnutzung des Areals des ehemaligen Verstärkeramtes wird zur Kenntnis genommen.

 


Abstimmungsergebnis:

 

14 : 0