Rathaus Key Visual 1, © Tourist Information Kochel a. See, Fotograf: D. Weickel

Auszug - Gemeinderatsmitglied Barthel; Antrag auf "Heimfall bzw. Rückverstaatlichung des Walchensee-Kraftwerkssystems" v. 05.04.2023  

33. Sitzung des Gemeinderates Kochel a. See
TOP: Ö 6.1
Gremium: Gemeinderat Kochel a. See Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Di, 25.04.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 19:00 - 21:16 Anlass: Sitzung
Raum: Sitzungssaal Kochel a. See
Ort: Rathaus Kochel a. See
K-0050/2023 Gemeinderatsmitglied Barthel; Antrag auf "Heimfall bzw. Rückverstaatlichung des Walchensee-Kraftwerkssystems" v. 05.04.2023
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage GRK
Federführend:Hauptverwaltung Bearbeiter/-in: Lutterer, Nicole
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Hr. Gemeinderatsmitglied Barthel hat mit Schreiben v. 05.04.2023 einen Antrag mit dem Titel „Heimfall bzw. Rückverstaatlichung des Walchensee-Kraftwerkssystems“ gestellt. Hinsichtlich der Details wird auf die Anlage zur Ladung verwiesen.

 

Der Antragssteller trägt seinen Antrag v. 05.04.2023 nochmals vor und erläutert die Beweggründe hierfür. Die Details hierzu sind der Anlage zu entnehmen. Er bittet um Zustimmung zu seinem Antrag.

 

Gemeinderatsmitglied Marksteiner stellt den Antrag auf Vertagung, da nach ihrer Auffassung noch zu wenige Fakten im Zusammenhang mit diesem Thema vorliegen und es daher nicht möglich sei, über diesen Antrag abzustimmen.

 

Der Vorsitzende kritisiert, dass dieser Antrag lediglich dazu diene, mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen, aber nicht das Wohl der Gemeinde Kochel a. See im Blick hat und begründet dies. Wichtig wäre ihm, dass aufgrund der immensen Bedeutung dieses Themas für die Gemeinde alle im Gremium im Sinne unserer Gemeinde alle an einem Strang ziehen. Aufgrund folgender Punkte sei dies bei diesem Antrag aber nicht möglich:

- Forderung: „Heimfall“ des Walchenseekraftwerks

Der Heimfall für das Walchenseekraftwerk ist rechtlich nicht möglich. Diese Thematik wurde bereits von mehreren Ministerien intensiv im Detail rechtlich geprüft und das Ergebnis wurde vom Umweltministerium vor geraumer Zeit öffentlich bekanntgegeben. Ernsthafte Zweifel an dieser Einschätzung der beteiligten Staatsjuristen sind nicht bekannt.

- Forderung: „Rückverstaatlichung“ des Walchenseekraftwerksystems

Wie genau das funktionieren soll und worin genau hierbei der Vorteil für die Gemeinde Kochel a. See zu sehen ist, wird im Antrag nicht ausgeführt. Fakt ist vielmehr, dass Uniper ein internationales Energieunternehmen mit Sitz in Düsseldorf und Aktivitäten in mehr als 40 Ländern ist. Dieser Konzern beschäftigt 7.000 Mitarbeiter und hat Anteile – zumeist zu 100 Prozent – bei insgesamt weiteren 132 Unternehmen. Eines davon – mit einem vergleichsweise hohen Eigenkapitalwert – ist die Uniper Kraftwerke GmbH mit Sitz in Düsseldorf. Diese wiederum ist Eigentümerin unter anderem des Walchenseekraftwerkes. Die Bundesrepublik hält zwar 99 Prozent des Uniper-Konzerns, die Entscheidungsträger sitzen aber in den unternehmensinternen Gremien und nicht in der Bundesregierung. Auf die entscheidende Frage, wie genau das Walchenseekraftwerk von der Kraftwerke GmbH aus dem Uniper-Konzern auf den Freistaat übergehen soll, enthält der Antrag keinerlei Angaben.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung den Konzern in den Jahren 2025/2026 wieder in private Hand zurückführen muss, sind folgende, für eine etwaige „Verstaatlichung“ entscheidende Punkte völlig offen: Will sich der Bund überhaupt von dieser rentablen und funktionierenden Wasser-Sparte trennen? Wie hoch ist denn der Preis, den der Freistaat Bayern zahlen müsste? Solange es hierzu keine belastbaren Aussagen gibt, sind alle möglichen Zukunftsszenarien nach Ansicht des Vorsitzenden sehr hypothetisch und daher nicht „entscheidungsreif“. 

- Forderung: Gemeinde „in geeigneter und angemessener Form an den aktuell anstehenden Weichenstellungen zu beteiligen“

Der Vorsitzende macht deutlich, dass die Gemeinde Kochel a. See genauso wie die anderen betroffenen Kommunen Jachenau, Wallgau, Lenggries, Krün und Mittenwald bereits im Verfahren beteiligt sind und der Antragssteller hiervon auch aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Arbeitsgruppe „Wasserrechte“ des Kreistags und als Gemeinderat im Detail Kenntnis hat. Die Vertreter dieser Gemeinden sind in den einzelnen Arbeitskreisen beteiligt, die die Entscheidung für das laufende Wasserrechtsverfahren vorbereiten. Darüber hinaus laufen seit über acht Jahren viele Gespräche zwischen den betroffenen Gemeinden und unter anderem mit den verantwortlichen Staatsministerien ebenso wie mit der Regierung von Oberbayern oder mit dem verfahrensführenden Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen – nach Angaben des Vorsitzenden in einer sehr vertrauensvollen und konstruktiven Art und Weise. Der Vorsitzende führt weiter aus, dass noch nie jemand im Kochler oder in den anderen Gemeinderäten Anstoß an dieser Vorgehensweise genommen hat. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall gewesen: Alle haben diese Gespräche immer als sehr positiv bewertet, den jeweiligen Bürgermeistern das notwendige Vertrauen ausgesprochen und die Thematik überaus konstruktiv begleitet.

- Forderung: „Beteiligung hat auch an den (…) Erträgen der Kraftwerke zu erfolgen.“

Hierzu führt der Vorsitzende aus, dass die Gemeinde in den vergangenen Jahren sehr eindrucksvoll und zu ihrem Leidwesen erlebt hat, dass bei einer Beteiligung an den Erträgen gar nichts mehr für die Gemeinden überbleibt. Denn „Erträge“ eines Unternehmens sind der Gewinn, den ein Unternehme nach Abzug aller Kosten und Ausgaben erzielt. Genau dies ist das Problem: Mit dem Betrieb des Walchenseekraftwerks wird sicherlich eigentlich ein Plus erwirtschaftet, aber durch die Möglichkeit von steuerlichen Maßnahmen kommt es zu keinem Ertrag oder Gewinn, für den beispielsweise bei der Gemeinde Kochel a. See Gewerbesteuer gezahlt werden müsste. Deshalb fordert der Vorsitzende auch bereits seit mehreren Jahren eine Beteiligung der betroffenen Kommunen an der Wertschöpfung, die durch das Walchenseekraftwerk erzielt wird – quasi als Ausgleich für die Nutzung der Natur und für die Belastungen der Bürgerinnen und Bürger!

 

Zusammenfassend stellt der Vorsitzende fest:

-         Es wird beantragt, dass sich der Gemeinderat für einen Heimfall aussprechen soll. Dieser ist aber gar nicht möglich.

-         Es wird beantragt, dass sich der Gemeinderat für eine Rückverstaatlichung aussprechen soll. Es wird aber nicht gesagt, wie das funktionieren soll und wo kon-kret hierbei der Vorteil für die Gemeinde sein soll.

-         Es wird eine Beteiligung der Gemeinde an den anstehenden Weichenstellungen beantragt, obwohl wir in Absprache mit den anderen Kommunen bereits beteiligt sind.

-         Es wird eine Beteiligung der Gemeinde am „Ertrag“ der Kraftwerke beantragt, obwohl die Forderung der Gemeinde schon lange lautet, an der Wertschöpfung und eben nicht nur am Ertrag beteiligt zu werden.

 

Im Zusammenhang erläutert der Vorsitzende: Im Jahr 2030 – also in 7 Jahren – laufen die Verträge, Erlaubnisse, Bewilligungen usw. im Zusammenhang mit dem System Walchenseekraftwerks aus. Aus diesem Grund sind die betroffenen Gemeinden Kochel a. See, Jachenau, Wallgau, Lenggries, Krün und Mittenwald bereits vor acht Jahren tätig geworden und treffen sich seither in unregelmäßigen Abständen mit den Vertreter/innen der zuständigen Genehmigungsbehörde am Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen, der Regierung von Oberbayern und des Bayerischen Umweltministeriums zu vertrauensvollen und konstruktiven Gesprächen. Immer wieder und mit Nachdruck haben dabei die Bürgermeister der Gemeinden dabei gefordert, dass die Kommunen, deren Bürgerinnen und Bürger schließlich auch nicht unerhebliche Nachteile aus dem Betrieb des Kraftwerksystems erdulden, deutlich an der Wertschöpfung beteiligt werden müssen. In diesem Zusammenhang sei man nach Ansicht des Vorsitzenden bereits auf einem guten Weg. Er sei der festen Überzeugung, dass dieser vertrauensvolle Weg zum Wohle der Gemeinde auch weiter beschritten werden sollte.

 

Der Antragssteller wünscht in der Reaktion hierauf eine Änderung seines Antrags: Das Wort „Erträgen“ soll durch „Wertschöpfung“ ersetzt werden. Auch auf den Hinweis des Vorsitzenden, dass sich diese beiden Begriffe fundamental unterscheiden, hält der Antragssteller daran fest.

Aus Reihen des Gremiums wird zudem der Antrag auf Vertagung gestellt, da aktuell zu wenig Fakten vorliegen, die eine Entscheidung ermöglichen würden.

Der Vorsitzende lässt in der Folge über drei Beschlussvorschläge abstimmen:

 

Beschluss:

 

Der Antrag wird vertagt.

 

Abstimmungsergebnis:

 

6 : 9 (daher abgelehnt)

 

 

Beschluss:

 

Dem Antrag „Heimfall bzw. Rückverstaatlichung des Walchensee-Kraftwerkssystems“ v. 05.04.2023 wird zugestimmt, wobei das Wort „Ertrag“ durch „Wertschöpfung“ ersetzt wird.

 

Abstimmungsergebnis:

 

4 : 11 (daher abgelehnt)

 

 


Beschluss:

 

Der Erste Bürgermeister wird beauftragt, die Gemeinde Kochel a. See weiterhin in den Gremien bezüglich des Verfahrens zur Neuordnung des Walchenseekraftwerksystems zu vertreten und wie bisher Gespräche hinsichtlich einer Beteiligung der Gemeinde Kochel a. See an der Wertschöpfung des Walchenseekraftwerks zu führen.

 


Abstimmungsergebnis:

 

15 : 0